Wirtschaftliche Dimensionen
Geringer Mehrwert
In der Schweiz Windstrom zu produzieren, verursacht hohe Kosten!
Hauptgrund dafür ist, dass die Schweiz «kein klassisches Windland ist» (BKW, 2024). Grosse Schweizer Elektrizitätsunternehmen haben deshalb bisher vor allem im Ausland in Windenergie investiert. Aus gesamtwirtschaftlicher und gesellschaftlicher Sicht lassen sich Windenergieanlagen in besonders dafür geeigneten Lagen (gute Windverhältnisse; landschaftlich vorbelastete Gebiete) rechtfertigen. Von einem Windpark Oberwald/Bannholz wäre teurer Strom zu erwarten, erst recht, wenn auch Systemkosten (Leitungen, Speicherung etc.), Subventionen von 60% und externe Kosten (z.B. für sog. ökologischen Mehrwert, der separat abgegolten wird) eingerechnet werden.
Interessenvertreter der Windenergie reden dessen Schattenseiten oft schön. Wir haben deshalb die in der Region zirkulierenden Präsentationsunterlagen der Firma Windenergie Schweiz AG (die insgesamt als sehr unvollständig zu beurteilen sind) von zwei ETH-Ingenieuren mit solidem kaufmännischem Know-how kommentieren lassen. Ihre Stellungnahmen fliessen nachstehend in unsere Argumentation ein. Im weiteren stützen wir uns unter anderem auch auf Recherchen zu Erfahrungen in Deutschland, insbesondere zur Frage der effektiven Auslastung von Windenergieanlagen.
Schwache Winde
Das Gebiet gilt gemäss schweizerischem Windatlas mit einer Windhöffigkeit von 4,5 – 5,5 m/s nicht als Windpotentialgebiet (UVEK/BFE).
Die Windgeschwindigkeit ist der wichtigste Faktor für einen rentablen Betrieb einer Windenergieanlage. Die für das Gebiet Oberwald/Bannholz vorgesehenen Anlagen von 250 Metern Höhe sind für eine Windgeschwindigkeit von 8 m/s ausgelegt, ein Wert, welcher hier im Jahresdurchschnitt nie erreicht wird.
In der Höhe weht der Wind etwas stärker, also braucht es 250 Meter hohe Turbinen
Dies die technokratische Logik der Projektentwickler. Das Phänomen stärkeren Winds in grösseren Höhen illustriert folgende Karte aus dem Windatlas der Schweiz:
250 Meter hohe Windenergieanlagen wären die bisher höchsten an Land gebauten Windräder in Europa. Sechs Mal die Höhe des Waldes und mehr als sechs Mal die Höhe des Aussichtsturms in den Wäldern von Lyss (38 m)!
Im Streben, trotz ungenügender Windverhältnisse Profitabilität zu erreichen, werden überdimensionierte Windenergieanlagen geplant, die alle natürlichen Proportionen sprengen!
4x so hoch wie Bundeshaus
Erhoffen sich die Projektentwickler mit dem «grössten Windenergiepark der Schweiz» im Gebiet Oberwald/Bannholz auch grössere Chancen bei der Interessenabwägung in den Planungs- und Baubewilligungsverfahren? Es ist wichtig zu wissen, dass Windparks von einer bestimmten Grösse gemäss Energiegesetz «von nationalem Interesse» sind. Mit andern Worten: das Interesse an Windanlagen (der geplanten Grösse von Oberwald/Bannholz) hat grundsätzlich Vorrang bei der Interessenabwägung mit Anliegen des Landschafts- und Naturschutzes.
Eine qualifizierte Interessenabwägung erfordert eine umfassende UVP spätestens auf der Stufe der Nutzungsplanung. Deren Resultate beeinflussen gemäss Bundesgerichtsurteil Standortwahl, die Zahl der Windkraftanlagen – und damit auch die Wirtschaftlichkeit. Informationen, welche wichtig sind für lokale Investoren, die bis zu 75 % des Risikokapitals einbringen sollen.
Geringe Auslastung
Neben der Windhöffigkeit ist die Auslastung, die realistischerweise für einen Windenergiepark erwartet werden kann, eine wichtige Grösse, die deren Wirtschaftlichkeit bestimmt. Zahlen aus dem Süden Deutschlands, wo etwa die gleichen Winderträge zu erwarten sind wie im Gebiet Oberwald/Bannholz zeigen, dass die Auslastung im Schnitt zwischen 17 – 21 % liegt. Erforderlich für einen rentablen Betrieb wäre eine Auslastung zwischen 23 – 30 %.
Die Windenergie Schweiz AG macht keine Angaben zu dem für einen rentablen Betrieb erforderlichen Auslastungsgrad ihres Projektes Oberwald/Bannholz. Für die in der Schweiz betriebenen Windenergieanlagen wird ein mittlerer Wert von 21% Auslastung angenommen, wobei zu erwartende Betriebsunterbrüche wegen zu wenig oder zu viel Wind, Zugvögeln, Vögeln, Fledermäusen, Lärm- und Schattenwurfbegrenzungen, Eis, starkem Schneefall, Wartung und Pannen noch nicht eingerechnet sind.
Schwache und unstete Windverhältnisse, tiefe Auslastungsgrade und überdimensionierte Anlagen belasten die Wirtschaftlichkeit des von einer privaten Projektentwicklungsfirma bisher entwickelten Windenergieparks Oberwald/Bannholz. Ein privater Investor würde von einer solch grossen Anlage (ohne Subventionen von 60% oder mehr der Planungs- und Investitionskosten) die dreifache Jahresproduktion erwarten. Auch wenn Mischkalkulationen die Energiepreise glätten – ihre Windenergiekomponenten werden sehr teuer ausfallen.
Windenergie ist nicht planbar
Windstrom ist ‘Flatterenergie’, d.h. er wird unregelmässig und unvorhersehbar erzeugt. Stromspitzen müssen aufgefangen werden, wofür die Stromnetze verstärkt werden müssen. Die Kosten dafür trägt die Allgemeinheit, nicht die Entwickler und Betreiber von Windparks. Flatterenergie muss zudem oft gespeichert werden (über Pumpspeicherwerke, Batterien, in Zukunft allenfalls auch Wasserstoff), auch wenn ihr Hauptertrag im Winter anfällt. Auch diese Kosten bewirken insgesamt höhere Strompreise zu Lasten der Allgemeinheit.
Die Windenergielobby unterschlägt die hohen Systemkosten (Netze, Speicherung etc.), die Windenergieanlagen mit sich bringen. Das gilt auch für die Promotoren des Windenergieparks Oberwald/Bannholz. Dessen «Systemkosten» fallen wegen der bescheidenen Windhöffigkeit des Gebiets umso mehr ins Gewicht. Sie werden «versteckt» über die Endenergiepreise auf die Konsumenten abgewälzt.
Hohe Subventionierung
Seit anfangs 2023 gilt für die Schweiz ein neues Subventionierungsregime für Windenergieanlagen: 60 % oder mehr der Planungs- und Investitionskosten können vom Bund übernommen werden (Investitions- und Planungsbeiträge für Windenergieanlagen, BFE, 2020; Investitionsbeiträge für Windenergieanlagen, Faktenblatt, BFE, November 2022).
Auf die ordnungspolitisch fragwürdige Orientierung dieser Politik des Bundes kann hier nicht eingegangen werden. Ein Fokus auf die Verteilungswirkungen des geplanten Windenergieparks Oberwald/Bannholz auf die lokalen Verhältnisse zeigt aber: Hauptnutzniesser der Subventionierungspolitik für Windenergieanlagen sind lokale Landbesitzer – und Projektentwicklungsfirmen. Verlierer sind Natur, Landschaft, Erholungssuchende – und die Anwohnerschaft in den Dörfern rund um den geplanten Windenergiepark.
Substantiell ändert an dieser Perspektive auch das von der Firma Windenergie Schweiz AG propagierte Modell eines Bürgerwindparks nichts. Es ist eine schlechte Kopie eines seit längerer Zeit in der Schweiz erprobten Modells der (echten) partizipativen Entwicklung von Energieanlagen (z.B. durch die ADEV Windkraft AG).
Windenergie wird in der Schweiz oft unkritisch propagiert mit dem Argument der Unabhängigkeit (Souveränität) der Schweiz in der Energieversorgung. Nicht erwähnt wird dabei der hohe Importanteil der eingesetzten Anlagen, Komponenten und Materialien für die immer gigantischeren Anlagen, die im Windenergiepark Oberwald/Bannholz zum Einsatz kommen sollen. Der Grossteil davon dürfte aus China stammen und gelangt über komplexe, verletzliche Wertschöpfungsketten in die Schweiz. Die Wertschöpfung und Einkommenswirkung in der Schweiz selbst bleiben bescheiden.
Die öffentliche Förderpolitik des Bundes schafft im Falle des geplanten Windenergieparks Oberwald/Bannholz Gewinner und Verlierer. Der Importanteil der eingesetzten Investitionsgüter ist sehr hoch und schafft neue Abhängigkeiten von globalen Märkten.
Rückbau oder «repowering»
Die Entwicklerin des Projektes Windenergiepark Oberwald/Bannholz verspricht in ihren Vertragsentwürfen und Präsentationsmaterialien einen weitgehend vollständigen Rückbau aller Anlagen «nach Betriebsende». Dafür sollen auch Rücklagen gemacht und Bürgschaften errichtet werden. Der Bürger fragt sich: wer wird sicherstellen, dass diese Verpflichtungen nach 25 oder 30 Jahren auch durchgesetzt werden? Ausserdem macht es aus heutiger, ökonomischer Sicht keinen Sinn, eine einmal gebaute Anlage nach zwei, drei Jahrzehnten wieder abzuräumen, samt aller Infrastrukturen. Realistischer anzunehmen ist eine Aufrüstung und Modernisierung (Repowering; vgl. dazu auch: ARE, Erläuterungsbericht Konzept Windenergie, 2020), wie das bei den Windkraftanlagen am Mont-Crosin und Mont-Soleil im Berner Jura in den 2010er Jahren gemacht worden ist, mit grösseren und leistungsfähigeren Anlagen, subventioniert vom Bund.
Ein Rückbau der zehn bis zwölf 250 Meter hohen Windenergietürme, samt zugehörigen Infrastrukturen (5 Meter breite Waldstrassen, Leitungen etc.) ist aus ökonomischer Sicht unrealistisch und kaum durchsetzbar nach 25 – 30 Jahren. Ausserdem ist aus den Erfahrungen des Landschaftsschutzes zu lernen: Ersten industriellen Nutzungen ländlicher Räume folgen in der Regel weitere, nicht natur- und landschaftsverträgliche Eingriffe.